eGPU. Mehr Grafik Power für deinen Mac.

Vielleicht hast du schon mal den Begriff eGPU gehört. Ich für meinen Teil bin erst kürzlich darauf gestoßen. Das lag vielleicht daran das ich als Mac User die Vorzüge von einem geschlossenen Ökosystem genieße. Es funktioniert einfach ohne die ganzen Probleme die Windows basierte Systeme mit sich bringen. Der Vorteil das alle Komponenten von Apple zusammen gestellt sind und perfekt harmonieren ist jedoch auch ein Nachteil wenn es um Upgrades geht. Dies ist meist gar nicht oder nur bedingt möglich. Mehr als den Speicher und SSD aufrüsten ist fast nicht mehr möglich.

Mit MacOS High Sierra kam eine Unterstützung für externe Grafikkarten, kurz eGPU. Über die Thunderboldt 3 Schnittstelle kann man nun ein externes eGPU Gehäuse an den Mac anschließen und mit einer Grafikkarte versehen. Dies ist ein massiver Leistungsgewinn bei Programme wie Capture One, Lightroom, Photoshop, Premiere & Co. denn so eine Grafikkarte aus dem Mittelklasse Bereich ist oftmals 10x schneller als die interen Grafikkarte.

Ich möchte dir nun einige Tipps und Empfehlungen geben die deine Suche nach den richtigen Komponenten ein wenig verkürzen könnten. Es gibt aktuell jede Menge an eGPU Gehäusen auf dem Markt so das man erst einmal verunsichert ist. Wichtig ist hierbei das die Grafikkarte ausreichend Leistung bekommt. Es gibt Gehäuse mit externen und internen Netzteilen. Ich habe mich gegen eine Bastellösung entschieden und bin nach etwas Recherche auf das Razer Core X gestoßen. Internes 650W Netzteil, große Lüfter und ausreichend Platz für jede Größe an Grafikkarten bis 3 Slots breite. Da wird man auch in Jahren noch Nutzen von haben. Es gibt durchaus auch kleinere Gehäuse auf dem Markt aber das Handling bei dem Razer Core X ist so super easy. Hebel umlegen und das ganze Inlay wie ein Schubfach raus nehmen. Leichter geht es wirklich nicht mehr. Preislich liegt das Gehäuse bei 299€ Neupreis. Ich konnte es gebraucht für 200€ erstehen.

Razer Core X Hochkant unter dem Schreibtisch.

Razer Core X Hochkant unter dem Schreibtisch.

Bei der Wahl der Grafikkarte habe ich mich an die Apple Empfehlung gehalten und zu einem AMD Chip gegriffen. Die Liste der kompatiblen GPU´s findest du über Google Suche. Nvidia Karten werden zwar nicht unterstützt, gehen aber mit Tricks auch. Ich habe mich für eine AMD Radeon RX580 4GB entschieden die ich gebraucht für 100€ erstanden habe. Nach Abwägen von Benchmarks und Preisvergleichen war weder eine 8GB Karte sinnvoll (ca. 2-3 Frames mehr) noch der Griff zu einer RX Vega 56 (ca. 8-10 Frames mehr). Das Razer Core X bietet ausreichend Stecker um jede Grafikkarte zu versorgen.

Razer Core X mit Sapphire AMD Radeon RX 580

Razer Core X mit Sapphire AMD Radeon RX 580

Anschlüsse:

Die Verbindung von eGPU Gehäuse und Mac geschieht über die Thunderbolt Schnittstelle. Diese gibt es in 3 Versionen und unterscheiden sich in der möglichen Bandbreite und Anschlussstecker.

  • Thunderbolt 1 = 10GBit/s (Stecker: Mini Display Port)

  • Thunderbolt 2 = 20GBit/s (Stecker: Mini Display Port)

  • Thunderbolt 3 = 40GBit/s (Stecker: USB-C)

Vorab sei gesagt, es funktioniert mit allen Thunderbolt Versionen.

Konfiguration 1:

Gehen wir erst einmal von der Ideal Konfiguration aus. Du hast einen Mac neueren Baujahres mit USB-C Anschlüssen die Thunderbolt 3 unterstützen. Dann kannst du das eGPU Gehäuse mit dem beiliegenden 0,5m Thunderbolt 3 Kabel an deinen Mac anschließen. MacOS wird die Grafikkarte erkennen und oben rechts in der Leiste als kleines Mikrochip Symbol anzeigen. Wenn du darauf klickst, sollte dort “Verbindung zu AMD Radeon XYZ trennen” stehen. Dann weißt du das die Grafikkarte eingebunden und aktiv ist. Optional zu dem 0,5m Kabel kannst du auch bis 2m lange Kabel nutzen um z.B. das Gehäuse unter den Schreibtisch zu platzieren. Bitte auf hochwertige Kabel achten um möglichst hohe Bandbreiten zu erreichen. Ich würde auch dabei zu Apple Kabel greifen.

Kommen wir zu dem Punkt Monitor. Es gibt je nachdem ob du einen iMac, Macbook, Macmini oder MacPro nutzt mehrere Möglichkeiten Monitore anzuschließen. Bei einem Macbook oder iMac möchtest du wahrscheinlich das interne Display nutzen. Dazu wird über die Thunderbolt Verbindung zum eGPU ein Bildsignal zurück gesendet. Ein Bypass sozusagen. Dafür wird ein Teil der Bandbreite genutzt werden, so das du ca. 15% Leistungsverlust haben wirst. Dein Macbook wird dabei mit max. 100W vom Razer Core X geladen. Weitere Monitore kannst du an der eGPU anschließen. In meinem Fall nutze ich ein Macmini mit 2 Monitore und habe mich dazu entschlossen den 2ten Monitor nicht über den eGPU zu betreiben da ich die max. Bandbreite nutzen möchte.

eGPU Nutzung erzwingen: Seit MacOS Mojave kann man mit “rechter Maustaste - Informationen”, zu jedem Programm auswählen ob die interne oder externe Grafikkarte verwendet werden soll. Dies ist auf jeden Fall nützlich um sicher zu gehen das auch wirklich die eGPU zum Einsatz kommt.

Konfiguration 2:

Solltest du wie in meinem Fall einen älteren Mac haben der nur Thunderbolt 1 oder 2 unterstützt, funktioniert das ganze auch, jedoch müssen ein paar Schritte mehr ausgeführt werden. Zum einen braucht man eine Lösung um von Thunderbolt 2 auf 3 zu wandelt. Dazu gibt es von Apple den “Thunderbolt 3 (USB‑C) auf Thunderbolt 2 Adapter”. Dieser liegt bei 55€ NP und ist der einzige der funktioniert! Der Preis ist ordentlich aber man bedenke das der Adapter keine reine Stecker Adaption ist, sondern das Signal mit Unmengen an IC´s wandelt. Diesen Adapter steckt man in den Thunderbolt 3 Port des Razer Core X so das man nun eine Thunderbolt 2 Anschlussbuchse hat. Diesen verbindet man mit einem max. 2m Thunderbolt 2 Kabel (Stecker-Stecker) mit dem Mac. Dabei würde ich ebenfalls zu Apple Produkten greifen. Die Verbindung über Thunderbold 1 oder 2 beschränkt natürlich die maximal mögliche Bandbreite. Allerdings ist es nicht so das sich die Leistung jeweils halbiert. Ein Benchmark Video TB3 vs TB2, welchen ich im Netz gefunden hatte, sprach von Leistungseinbußen von 1-2fps. Vermutlich reicht die Bandbreite von TB2 noch vollkommen aus. Nachtrag 04/2020: Benchmark Tests TB1 vs TB2 vs TB3 aus dem eGPU.io Forum ergaben fast identische Ergebnisse zwischen den Anschlüssen

MacOS Unterstütung: Die Unterstützung von eGPU´s die über Thunderbolt 1 oder 2 angeschlossen werden müssen im MacOS erst mit einem Script freigeschaltet werden. Die eGPU wird als unbekanntes Gerät zwar kurz in der oberen rechten Ecke angezeigt, verschwindet aber kurze Zeit später wieder.

Nun sind 2 Dinge zu tun.

  1. Deaktivieren Systemintegritätsschutz: Seit MacOS El Capitan wurde SIP eingeführt. Es blockiert Zugriffe auf System-Ordner. Darum muss man im Hauptordner der System Festplatte auch bei jeder Änderung ein Passwort eintippen. Um das Script auszuführen muss dies deaktiviert werden. Dazu starte den Rechner neu und halte CMD+R (Recovery) gedrückt um in den Recovery Mode zu booten. Oben in der Leiste musst du die Terminal App starten. Tippe “Csrutil status” ein um zu sehen ob der SIP Schutz aktiviert oder deaktiviert ist. Tippe “Csrutil Disable” zum ausschalten ein. System neustarten.

  2. Nachdem der SIP Schutz deaktiviert ist und wir das System neu gestartet haben, öffnen wir die Terminal App. Findet man am schnellsten in der Spotlight Suche. Du musst dann folgendes Script kopieren und einfügen:

    curl -qLs $(curl -qLs https://bit.ly/2WtIESm | grep '"browser_download_url":' | cut -d'"' -f4) > purge-wrangler.sh; bash purge-wrangler.sh; rm purge-wrangler.sh

    Was passiert? Es wird ein Script ausgeführt und Anpassungen am System vorgenommen. Das Script nennt sich Purge Wrangler. Es hat sich um das Thema eGPU Unterstützung Mac eine ganze Community gebildet und ich würde das Projekt “Purge Wrangler” als vertrauenswürdig einstufen auch wenn ich kein wirklicher Freund von Scripts bin. Beim ausführen wird gefragt ob man eine AMD oder Nvidia Karte installieren möchte und ob man ein internes Display oder externen Monitor nutzen wird. Bitte warten bis er wirklich abgeschlossen hat mit der Konfiguration. Das kann 20-30sek. dauern. Danach fragt das Script nach einem Neustart, was wir mit Ja bestätigen. Nach dem Neustart beenden wir die Terminal App mit dem Befehl “Exit” und sind somit fertig. In der Leiste oben rechts sollte nun das Mikrochip Symbol zu finden sein was beim anklicken “Verbindung zu AMD Radeon XYZ trennen” anzeigen sollte. Dann ist die Grafikkarte aktiv.

    Besonderheiten: Man kann den SIP Schutz wieder aktivieren wenn man möchte. Dazu Punkt 1 wiederholen und “Csrutil enable” verwenden. Allgemein gilt: Kommt es zu einem Apple Betriebsystem update, kann es sein das unsere Änderungen überschrieben werden. Dann musst du das Purge Wrangler Script erneut ausführen und ggf vorher wieder den SIP Schutz deaktiviert werden. Bei meinem MacBook Air, auf dem Majave läuft, kommt es aktuell noch öfter zu Updates. Hier meldet sich sogar Purge Wrangler selbstständig und fragt ob er das Script ausführen soll. Dies dauert dann meist 10-15sek. und benötigt auch keinen weiteren Neustart. Perfekt.

Tuning:

Ich bin Freund von möglichst lautlosen Systemen und war vorab ein wenig in Sorge das die Grafikkarte mit eGPU Gehäuse doch hörbar sind. Da ich das Razer Core X gebraucht gekauft hatte, waren bereits der 80mm Netzteil Lüfter gegen einen leisen Noctua NF-A8 PWM sowie der 120mm Chassis Lüfter gegen einen Noiseblocker NB eloop b12-ps getauscht worden. Auch die Lüfter der Grafikkarte sind angenehm leise, selbst unter Last bei Spielen. Unterm Schreibtisch platziert ist die eGPU fast nicht wahr zu nehmen. Mit der App “Decibel X” habe ich direkt am Gehäuse Maximalwerte zwischen 42-45dB gemessen. Wohlgemerkt ca. 4cm Abstand bis zur Grafkkarte. Laut Berechnung mit einer Schallpegel App kommen auf 1m Entfernung nur noch ca. 15dB bei mir an. Selbst im ruhigen Raum (Grundrauschen 30dB) kann man ihn fast nicht mehr wahrnehmen.

Mac Mini Late 2012 / 16GB Ram / SSD

Mac Mini Late 2012 / 16GB Ram / SSD

Fazit:

Primärer Gedanke an der Anschaffung war es Programme wie Capture One zu beschleunigen. Jeder Regler, jede Vorschau-Berechnung und jeder Export von RAW Bilddaten zieht Nutzen aus einer schnellen Grafikkarte. Mein MacMini Late 2012 mit SSD und 16GB Ram ist zwar schnell genug für flüssiges Arbeiten, dennoch merkt man einen Unterschied durch die eGPU Beschleunigung. Für mich ein sinnvolleres Upgrade als auf einen aktuellen Macmini zu wechseln der wiederum eine Bauart bedingte Limitierung des Grafikchips hat. So kann ich zukünftig meinen Rechner wechseln und bleibe bei der Grafikpower, und sehe langfristig noch die Möglichkeit auf eine schnellere Grafikkarte zu wechseln.

Edit: Test 600 RAW (24MP) nach JPG (Full) wandeln. Ohne GPU Unterstützung: 74min, mit eGPU Unterstützung 13min41sek.

Edit Dec2019: Windows 10 als 2tes Betriebsystem zum Gamen installiert. Funktioniert auch Problemlos mit dem eGPU. Aufgefallen ist mir jedoch das beim Betrieb einer externen GPU die interen GPU abgeschaltet wird.

Gaming: Wo mit den Onboard Mitteln eines Macmini Late 2012 Spiele wie Borderlands 2 noch in Medium Settings, 1600x900 in 24-28fps möglich war, kann man mit einer eGPU der Mittelklasse Ultra High Setting, 2560x1440 in 55-65fps genießen. Auch Spiele wie Tomb Raider laufen in High Settings in 1080p flüssig.